Rechtsfragen: Kleinkind am Fahrrad
Passend zur aktuellen Coverstory “Kleinkind am Fahrrad” beantwortet Rechtsanwalt Johannes Pepelnik Rechtsfragen zum Thema Kinder-Transport.
Ich kann mich gut an die Zeiten erinnern, als ich unsere Kinder mit dem Fahrradanhänger in die Krippe brachte: Der Anhänger blieb dort, meine Frau holte später Kinder samt Anhänger wieder ab. Woran ich mich ebenso erinnere: Die vielen Male, als wir von Autolenkenden aufgehalten und zurechtgewiesen wurden: Was sei bloß los mit uns, dass wir unsere Kinder einer derartigen Gefahr aussetzen würden? Und: sei das überhaupt erlaubt?
Zur ersten Frage: meine Kinder haben die vielen Fahrten im Anhänger freudig und heil überstanden und sind inzwischen längst dem Kleinkindalter entwachsen.
Zu den rechtlichen Fragen: Den Rahmen für den (Klein-)Kindertransport bilden die §§ 65 und 66 der Straßenverkehrsordnung (StVO) sowie die Fahrradverordnung.
Vorweg: Eine konkrete Bestimmung, wie alt oder groß ein Baby sein muss, damit es rechtskonform am Fahrrad transportiert werden darf, gibt es nicht. Einige Hersteller bieten für ihre Anhänger spezielle Liegesitze für Säuglinge, die noch nicht sitzen können. Diese „Hängematten“ haben sich in der Praxis bewährt und sind rechtskonform, wenn die übrigen relevanten Bestimmungen erfüllt werden.
Ist das Kind jünger als acht Jahre, muss ein entsprechender Kindersitz vorhanden sein. Außerdem gilt für Kinder unter zwölf Jahren die Helmpflicht, egal ob sie selber radeln, im Fahrradanhänger oder auf dem Fahrrad mitgeführt werden. Ausnahme: wenn der Gebrauch des Helms wegen der körperlichen Beschaffenheit des Kindes nicht möglich ist (§ 68 Abs. 3 StVO). Also zum Beispiel bei Babys, die noch nicht alleine den Kopf halten können.
Wer ein Kind beim Radfahren beaufsichtigt, auf einem Fahrrad mitführt oder in einem Fahrradanhänger transportiert, muss dafür sorgen, dass das Kind den Sturzhelm in bestimmungsgemäßer Weise gebraucht.
Für das Fahrrad, das einen (Kinder-)Anhänger zieht, gelten zusätzliche Vorschriften. Erstens: der Tretmechanismus muss zumindest eine Gangstufe mit einer Entfaltung von höchstens vier Meter pro Kurbelumdrehung aufweisen. Zweitens, wenn Kinder befördert werden, sind Fahrrad oder Anhänger so auszurüsten, dass ein Berühren der Speichen bzw. ein Einklemmen ausgeschlossen ist. Drittens: das Zug-Fahrrad muss über einen Ständer verfügen.
Der Fahrradanhänger muss mit einer unabhängigen Lichtanlage, mit einem roten Rücklicht sowie vorne mit einem weißen und hinten mit einem roten Rückstrahler ausgestattet sein. Dazu kommen gelbe Seitenstrahler. Bei Anhängern, die breiter sind als 60 Zentimeter, sind jeweils zwei Rücklichter sowie zwei weiße und zwei rote Rückstrahler anzubringen.
Fahrrad-Anhänger
Fahrradanhänger sind mit einer Radblockiereinrichtung, die auf beide Räder wirkt, oder einer Feststellbremse auszustatten. Außerdem brauchen Kinder-Anhänger Gurte sowie eine mindestens 1,5 Meter hohe, biegsame Fahnenstange mit leuchtfarbenem Wimpel. Die Befestigung am Fahrrad muss über eine Kupplung erfolgen, die gewährleistet, dass der Anhänger aufrecht stehen bleibt, auch wenn das Zugfahrrad umkippt.
Kindersitze
Kindersitze müssen mit dem Fahrradrahmen fest verbunden und hinter dem Sattel angebracht sein. Sitze an Lenker oder Oberrohr sind (in Österreich) verboten. Die Beförderung von mehr als einem Kind auf einem gewöhnlichen Fahrrad ist unzulässig. Weitere Erfordernisse: Gurt, Bein- und Speichenschutz, sowie eine Lehne mit Kopfstütze.
Transportrad
Auch beim Transport in Fahrrädern mit Transportkisten (Bakfiets, Christiana etc.) muss ein Gurtsystem vorhanden ist. Die Kiste darf vor oder hinter dem Lenker angebracht sein.
Allgemein gilt: Radfahrende, die Personen mitführen, müssen das 16. Lebensjahr vollendet haben.
Hinweise
In der aktuellen Ausgabe des Drahtesel (Ausgabe DE19/1) befindet sich ein Schwerpunkt zum Thema Radfahren mit Kleinkind.
Ein ausführliches Interview mit Rechtsanwalt Johannes Pepelnik gibt es im Podcast Reich-durch-Radeln zum Downloaden und Anhören.