Das Fahrrad als schnellstes, komfortabelstes, sozial verträglichstes und gesündestes Verkehrsmittel ist für Frauen mindestens ebenso attraktiv wie für Männer. Brief der Herausgeberin von Heidi Schmitt.

Ich freue mich sehr, die einleitenden Worte für diesen DRAHTESEL zu schreiben, der speziell den Frauen gewidmet ist. Zwar treffe ich in vielen Besprechungen, Befahrungen und Diskussionsrunden zum Thema Mobilität, Radfahren und Infrastruktur sowohl bei Offiziellen, als auch bei NGOs überwiegend auf Männer. Auf den Straßen sieht es jedoch anders aus: Das Fahrrad als schnellstes, komfortabelstes, sozial verträglichstes und gesündestes Verkehrsmittel ist für Frauen mindestens ebenso attraktiv wie für Männer. Nicht nur – wie bisher – die Rad fahrenden älteren Damen auf dem Land, sondern immer mehr Mütter mit Kindern im Lastenrad oder Anhänger prägen das Ortsbild. Ebenso wie Frauen auf dem Weg in die Arbeit oder zur Universität und Sportradlerinnen, die sich immer öfter zu Ausfahrten zusammenschließen.

Leider werden die Entscheidungen über Planung und Bau von Straßen und Städten in erster Linie von autofahrenden Männern zwischen 30 und 60 Jahren getroffen. Mit dem Ergebnis, dass meist an den Bedürfnissen der Radfahrenden vorbei gebaut wird. Hier ist es höchste Zeit, zukunfts- und umweltorientierte Expertinnen in die entscheidenden Gremien zu holen. Jeder Mensch in der westlichen Welt erinnert sich wohl an jenen Glücksmoment, als es nach mehr oder weniger vielen Versuchen zum ersten Mal gelungen ist, selbstständig zu radeln. Dabei ist es in anderen Kulturkreisen für Frauen keineswegs selbstverständlich, diese Freiheit auf dem Rad von klein auf genießen zu dürfen. Wie eng Radfahren, Freiheit und Emanzipation miteinander verknüpft, zeigt nicht nur unsere Cover-Geschichte. Sondern auch die vielen Porträts, Reportagen und Interviews in diesem Heft, die wir aus den Bereichen Verkehrspolitik, Infrastruktur, Lifestyle und Reisen zusammengetragen haben.

Noch eine Bemerkung zu meiner Wahl-Heimatstadt Graz. Eine der besten unter den Fahrradmechanikerinnen und -mechanikern in der Stadt ist Bille von Bicycle, einem sozialökonomischen Fahrradbetrieb. Kaum jemand versteht dieses Handwerk so gut wie sie und kann es der interessierten Kundschaft derart anschaulich vermitteln. Wie gut Frauen und Technik zusammenpassen, zeigt auch das Interview mit Sabine Dönz, die seit kurzem in Wien eine Radwerkstatt betreibt sowie unsere Reise-Reportage aus Kuba rund um eine Frauen-Radwerkstatt im Herzen Havannas.

Wie immer auch in diesem Heft: Eine geballte Ladung Verkehrspolitik und Rad-Infrastruktur; diesmal beschäftigen wir uns unter anderem mit Fahrradunfällen infolge von Infrastrukturmängeln und Fahrbahnschäden. Wir laden euch ein, diese besondere DRAHTESEL-Ausgabe mit all ihren Facetten zu entdecken und euch vom Radfahr-Fieber anstecken zu lassen. Viel Spaß beim Lesen und Genießen! Heidi Schmitt