Ein Drahtesel-Testteam bestehend aus Stefanie Kousek, Margit Palman und Matthias Bernold widmet sich in dieser Ausgabe Falträdern mit elektrischem Zusatzantrieb.

Im aktuellen DRAHTESEL-Produkttest widmen wir uns der Vermengung zweier trendiger Fahrrad-Typen: E-Falträdern. Es sind Gefährte, die sich zusammenklappen lassen. Und die darüber hinaus über einen elektrischen Zusatzantrieb verfügen. Keine einfache Aufgabe für die Konstrukteure. Vor allem dann, wenn sie vermeiden wollen, dass ihre Vehikel allzu schwergewichtig werden.

Konkret haben wir uns mit dem Vektron von Tern (Modell 2017), dem Vello Bike+ (Modell 2018) sowie dem Nanoo EFB12 (Modell 2018) beschäftigt. Auch der britische Faltradhersteller Brompton wird ab 2018 ein E-Faltrad auf den Markt bringen. Zum Zeitpunkt unseres Tests stand dieses Modell allerdings nicht zur Verfügung.

Wie die meisten Produkttests in unserem Magazin gibt es einen subjektiven Teil mit den Erfahrungen unserer Testerinnen und Tester sowie einen objektivierten Teil mit Zahlen und Fakten, in den auch das Wissen externer Experten eingeflossen ist. Die Räder wurden uns von den Herstellern mindestens eine Woche lang überlassen und von den Testern im Alltag eingesetzt.

TERN Vektron: Fährt sich gut, trägt sich schwer

Tern Vektron

Diesen Sommer hatte ich Gelegenheit, dass Tern Vektron mehrere Wochen lang ausführlich Probe zu fahren. Meistens war ich damit im Stadtbetrieb unterwegs. Ich bin aber auch einige längere Radtouren (bis 30 Kilometer) damit gefahren.

Das Fahrrad (Preis: knapp 3.000 Euro) zeichnet sich durch sehr solide Verarbeitung und gute Komponenten aus: u.a. hydraulische Deore-Scheibenbremsen, integrierte Scheinwerfer mit 150 Lumen und Touren-tauglicher Gepäckträger. Ein 250 Watt starker Bosch-Pedelec-Motor treibt das Gerät an. Vier verschiedene Einstellungen – Eco, Touring, Sport und Turbo – können mit einem Regler am Lenker ausgewählt werden. Sie bestimmen Höchstgeschwindigkeit und Beschleunigung. Die Reichweite wird vom Hersteller mit 100 Kilometern angegeben. Mir ist es nicht gelungen, das Rad „trocken“ zu fahren, weil ich es nach längeren Fahrten regelmäßig an die Steckdose gehängt habe.

Fahrverhalten

Der E-Zusatzantrieb ist ausgesprochen kraftvoll. Für meinen Geschmack fast eine Übermotorisierung. Radfahren wird praktisch ohne jeden Kraftaufwand möglich. Auch starke Steigungen und Gegenwind packt der Motor problemlos. Überhaupt spielt das Tern beim Fahren seine Stärken aus. Nach ein paar Metern gewöhnt man sich an den – im Vergleich zu einem Nicht-Faltrad – kürzeren Radstand.

Durch eine Art Teleskop-Mechanismus ist die Sattelstütze zwei Mal verlängerbar. Damit wird das Tern auch für größer gewachsene Fahrer und Fahrerinnen interessant. (Oft ein Schwachpunkt bei Falträdern.)

Falt-Mechanismus

Der Falt-Mechanismus ist relativ einfach zu bedienen. Beim ersten Mal Zusammenklappen dauert es natürlich etwas länger. Die Verschlüsse sind groß und einfach zu öffnen. Beim Arretieren hinterlassen sie einen sehr soliden Eindruck. Laut Hersteller ist das Vektron innerhalb von zehn Sekunden zusammengeklappt. So schnell ist es mir nicht gelungen. Aber: Mit etwas Übung schafft man es jedenfalls unter einer Minute.

Mit Abmessungen von 86 x 68 x 36 Zentimetern im gefalteten Zustand ist das Rad immer noch ein recht sperriges Teil. Immerhin lässt sich das zusammengeklappte Tern am ausgezogenen Sattel greifen und durch die Gegend schieben: Ein Vorteil, wenn man das Rad in Bus oder Bim mitnehmen will.

Schwachpunkt Gewicht

Apropos: Bus oder Bim. Der große Vorteil von Falträdern liegt ja in deren „multimodalem“ Einsatz: das heißt in der Verwendung in Verbindung mit anderen Verkehrsmitteln. In den öffentlichen Verkehrsmitteln zählt ein gefaltetes Rad als Gepäckstück und nicht als Fahrrad. Weshalb es einfacher (und günstiger) mitgenommen werden kann.

Hier kommt beim Vektron – und das ist meiner Ansicht nach der größte Schwachpunkt – das hohe Gewicht ins Spiel: Knapp 22 Kilogramm. Zweifellos eine Folge der üppigen Ausstattung und der leistungsstarken Motor/Akku-Kombination. Bei so viel Gewicht überlegt man zweimal, ob man das Rad ohne Lift hinunter zu U-Bahn trägt oder nicht lieber weiterradelt. Letzteres macht jedenfalls deutlich mehr Spaß…

Fazit:

Ein solide verarbeitetes, aber schweres E-Faltrad. Gut für längere Touren.
Matthias Bernold

Nanoo EFB12: Small is beautiful

So stand es bei der Übergabe vor mir: klein, orange und mit extravagantem Design. Besonders auffällig waren die breiten, kaum mehr als 30 Zentimeter großen Räder.

E-Motor mit Knopfdruck starten. Und es kann gleich gehen. Schon bei der ersten Ausfahrt muss das Rad den ersten Härtetest bestehen, vom Geschäft weg prasselt nämlich heftiger Regen – da heißt für uns nach kurzer Zeit: in die S-Bahn in Ottakring einsteigen und das zur Stoßzeit! Das Rad kann im zusammengefalteten Zustand gerollt werden. Wenn es keine Stiegen zu überwinden gilt, erspart man sich so die Schlepperei. Auch im Lift zum Bahnsteig hat das EFB12 genug Platz.

Etwas ungewohnt: der Schraubverschluss, mit dem man den Faltmechanismus öffnen muss. Im Zug erweist sich die sehr kompakte Form abermals als Vorteil. Die Weiterfahrt mit dem Bus mit drei Müttern mit Kinderwägen auf der Plattform des Busses Richtung Wohnort stellt ebenfalls keine Hürde dar. Wie ein zusammengeklappter Kinder-Buggy auf die Seite gestellt, nimmt es überhaupt keinen Platz weg.

Statt in der Garage darf das Kleine dann auch im Windfang übernachten, für die Garage ist das Rad einfach zu schade.

Am nächsten Tag ist eine „Bergtour“ über den Flötzersteig angesagt. Wo ich sonst nur mit keuchendem Atem den Gipfel erreichte, komme ich jetzt ganz mühelos hinauf. Drei verschiedenen Stufen elektrischer Unterstützung und sieben Gänge ermöglichen es, Tempo und eigene Anstrengung genau zu steuern.

Zum Fahrverhalten: Trotz kleinen Rädern läuft das Rad nicht unruhig. Anscheinend schlucken die doch sehr breiten Reifen zuverlässig Unebenheiten. Auch eine knapp zehn Kilometer lange Tour ließ sich mit dem Nanoo angenehm und komfortabel zurücklegen. Vorausgesetzt, mensch ist nicht zu groß oder zu schwer: Ab einem Körpermaß von 1,80 Meter oder einem Körpergewicht über 85 Kilogramm wird es ungemütlicher.

Was das Falten betrifft: Ohne Anleitung ist es nicht ganz so einfach wie im Video des Unternehmens dargestellt. Das liegt auch daran, dass – wie erwähnt – nicht ein Hebel, sondern eine Schraube betätigt werden muss. Der ungewöhnliche Mechanismus soll der Haltbarkeit des Materials dienen. Beim Zusammenlegen ist zu beachten, dass man den Sattel hineinschiebt, damit das Rad sich nicht wieder selbständig auffaltet, wenn man es schiebt oder trägt.

Für Licht am Rad muss man selber sorgen, aber da gibt es ja genug Auswahl am Markt. Auf meinem Rad war auch eine Korbhalterung montiert.

Fazit:

Ein Rad, wie gemacht für den multimodalen Stadtverkehr, das jederzeit in öffentlichen Verkehrsmitteln transportiert werden kann und mit dem man auch keine Steigung zu fürchten braucht.
Margit Palman

Vello Bike+: Dein Rad, dein Kraftwerk

Dass man am Fahrrad Bewegung in elektrische Energie übersetzen kann, hat mich fasziniert, seit ich mit sechs Jahren das erste Rad mit Dynamobeleuchtung bekommen habe. Zu meiner Enttäuschung damals waren die Einsatzmöglichkeiten dafür leider begrenzt: Im Sommer wurde es erst weit nach meiner nur widerwillig eingehaltenen Zubettgehzeit finster, und die dunklere Jahreszeit lag nach Einschätzung meiner begrenzt radaffinen Familie außerhalb der Fahrradsaison.

Die am Dynamo so schön sichtbare Möglichkeit, Strom zu produzieren, begeistert mich aber immer noch. Energieautarkie verheißt Unabhängigkeit, und die symbolisiert das Fahrrad ohnehin wie keine andere Maschine. Dass es mit der eigenen Muskelkraft sogar möglich sein soll, den Akku eines e-Bikes zu laden, klingt dann aber fast zu gut, um wahr zu sein. Genau das verspricht das Bike+ des Wiener Herstellers Vello nämlich: Mithilfe des kinetic energy recovery system (KERS) soll der Akku beim Treten und Bremsen geladen werden und das Vello Bike+ dadurch (je nach gewählter Motorleistung) sogar ganz ohne externe Stromzufuhr auskommen. Wird mehr Energie verbraucht als erzeugt, kann der Akku auch innerhalb von drei Stunden an der Steckdose voll aufgeladen werden.

Haltungsnote: Sehr gut

Schön ist es jedenfalls schon einmal, das minimalistische Vello mit seinem schlanken Stahlrahmen. Mit Akku und Motor in der Hinterradnabe und der Steuerung per Smartphone-App ist es nicht sofort als e-Bike zu erkennen. Durchdachte Details wie eine integrierte Beleuchtung sowie Zubehör, das beim Zusammenfalten nicht stört, machen das Fahrrad alltagstauglich. Seine knapp 12 Kilogramm Gesamtgewicht rechtfertigen den Eindruck der Leichtigkeit.

Das Fahrgefühl ist dank der bewährten Rahmengeometrie und der in den Faltmechanismus integrierten Federung komfortabel.

Eingebautes Kraftwerk

Auch das Aufladen beim Fahren funktioniert: Insbesondere bei Rückenwind gelingt es leicht, dem Akku ein paar zusätzliche Prozent Ladung zuzuführen. Wie viel Energie man gerade generiert oder verbraucht, lässt sich dabei am Handy mitverfolgen. Von meinem Plan, ganz ohne Steckdose auszukommen, verabschiede ich mich aber bald: Dafür genieße ich das mühelose Bergauf- und Gegen-den-Wind-Rollen bei maximaler Motorunterstützung einfach zu sehr. Das KERS hilft dabei, die Akkureichweite deutlich über die vom Hersteller genannten 30 bis 50 Kilometer zu erweitern, und ist eine praktische Ergänzung zur Energie aus der Steckdose.

Fazit:

Gut zu fahren, klein zu falten, leicht zu tragen, schön anzuschauen und – ein wenig sportlichen Ehrgeiz vorausgesetzt – mit Strom aus 100 Prozent erneuerbarer Energie.
Stefanie Kousek