Sieben Anmerkungen zur Wiener Radinfrastruktur

ANALYSE: Roland Romano

London investiert eine Milliarde Euro in Fahrrad-Super Highways, Norwegens Städte bekommen 850 Millionen Euro für Radschnellwege, Paris vergrößert mit 150 Millionen Euro das Radwegenetz um das Doppelte. Finanziell betrachtet stellen diese Kommunen Wien mit einem Jahresbudget von sechs Millionen Euro in den Schatten. Kein Wunder, dass das Radverkehrs-Bauprogramm für das heurige Jahr entsprechend weniger ambitioniert ausfällt. Wichtige Projekte für Triester Straße, Wagramer Straße und Wiedner Hauptstraße schafften es nicht ins – im April präsentierte – Bauprogramm. Ebenso wenig die Fahrradstraße Argentinierstraße, der Radweg Rennweg oder der Lückenschluss Alser Straße. Dennoch ist im Ausbauprogramm Positives enthalten. Hier ein Überblick:

#1: Getreidemarkt

Der Getreidemarkt ist ein essentielles Verbindungsstück für den Radverkehr. Lange klaffte hier jedoch eine Lücke. Die vorgesehenen Umbaumaßnahmen beinhalten einen Einrichtungsradweg von Lehargasse bis rechte Wienzeile. Damit wurde zwar der Bedarf erkannt, jedoch vorerst nur ein Teilstück realisiert. Auch fehlt weiterhin eine Lösung für die Fahrtrichtung bergauf zu Zielen wie dem TU-Standort am Getreidemarkt, der Gumpendorfer Straße und dem Gymnasium Rahlgasse. Was es bräuchte: Durchgängige, breite, baulich getrennte Radwege von Mariahilfer Straße bis Operngasse in beiden Fahrrichtungen und attraktive Ampelschaltungen für den Radverkehr.

#2: Jonasreindl

Der Ringradweg am äußeren Ring wartet seit 2012 auf den Lückenschluss beim sogenannten Jonasreindl, der Straßenbahnschleife am Schottentor. Jetzt wird diese langjährige Radlobby-Forderung umgesetzt: Ein neuer Radweg wird errichtet, zwei Einbahnen geöffnet und der Platz in der Nebenfahrbahn umverteilt. Das bedeutet eine deutliche Verbesserung mit Optimierungspotential an Kreuzungen und bei der Fortsetzung Richtung Universität.

#3: Goldschlagstraße

Diese wichtige Verbindung mit überregionaler Bedeutung wies bisher einige Mankos auf: z.B. schmale Radstreifen neben abgestellten Kraftfahrzeugen und fehlender durchgängiger Vorrang der Radroute. Mit der Umgestaltung der Goldschlagstraße (15. Bezirk) zur fahrradfreundlichen Straße von der Johnstraße bis zur neuen Gürtelquerung wurde 2015 begonnen. Jetzt wurde das Projekt mit der Goldenen Speiche 2015 ausgezeichnet, dem Preis für die beste Radverkehrsmaßnahme des letzten Jahres. 2016 wird der Umbau zur Fahrradstraße vorgenommen. Damit bekommt die Stadt ihre erste Fahrradstraße im zentrumsnahen, dicht bebauten Gebiet. Das Projekt ist ausdrücklich zu begrüßen, auch wenn da und dort Verbesserungsbedarf besteht.

#4: Cityquerung Ost-West

Mit der Peregrinstraße zwischen Kolingasse und Maria-Theresien-Straße im 9. Bezirk beginnt die Umsetzung der wichtigen Cityquerung Ost-West. Im Bauprogramm 2016 ist jedoch nur ein Teil des Lückenschlusses enthalten. Immerhin wird die Einbahn in der Wipplingerstraße für Radfahrende vom Ring bis zur Renngasse in beide Richtungen befahrbar, eine gute Maßnahme. Weiterhin fehlt jedoch die Fortführung bis zu den Tuchlauben.

#5: Schottenfeldgasse

Eine Einbahnöffnung von 170 Metern Länge in der Schottenfeldgasse eröffnet eine neue wichtige Querverbindung für den Radverkehr im 7. Bezirk zwischen Alser Straße und Mariahilfer Straße. Ein sinnvoller nächste Schritt wäre die Fortsetzung der Strecke Richtung Süden zwischen Mariahilfer Straße und Wienzeile via Webgasse Richtung Matzleinsdorfer Platz.

#6: Schönbrunner Straße und Kobingergasse

Auf der künftigen Langstreckenverbindung West werden durch dieses Projekt von der Gierstergasse bis Kobingergasse Konfliktbereiche entschärft. Die neue Route führt auf direkter Linie entlang der Schönbrunner Straße – elf rechtwinkelige Kurven werden vermieden. Der Radverkehr wird durch eine geöffnete Einbahn, einen Radweg und schließlich auf einen gemischten Geh- und Radweg geleitet: Letztgenannte Maßnahme ist eine bekannter Maßen suboptimale Lösung sowohl für Zufußgehende als auch für Radfahrende.

#7: Peter Jordan Straße

Die Peter-Jordan-Straße im 19. Bezirk stellte bisher eine große Lücke im Hauptradverkehrsnetz dar. Heuer soll die Straßenorganisation mit neuer Spurenaufteilung, einem neuen Radfahrstreifen bergauf und einem Mehrzweckstreifen bergab geändert werden. Letztere Variante wird von der Radlobby klar abgelehnt, weil sie die „Dooring“-Gefahr durch geöffnete Autotüren erhöht und Kfz-Lenkende zu Überholmanövern ohne ausreichenden Abstand verleitet.