Wie sollen wir vor dem Hintergrund von Anti-Fahrrad-Propaganda, wie sie uns aus Online-Foren und Boulevard-Zeitungen entgegenschlägt, mit anderen Radfahrenden umgehen, die Mist bauen? Diese Frage stellt sich Matthias Bernold im Leitartikel für den aktuellen DRAHTESEL.

Chefredakteur Matthias Bernold freut sich über Kritik und Feedback

Unlängst ist mir genau das passiert, von dem man annimmt, es würde sich nur in Versteckte-Kamera-Sendungen ereignen: Irgendein Schwammerl versperrte sein Fahrrad mit Schloss am Radständer – und meines gleich mit. (Es lehnte an der anderen Seite desselben Bügels.)

Von der Frage „Was tun in so einer Situation?“ und „Wie mit dem Ärger umgehen?“ gelangte ich bald zur allgemeineren Frage, wie wir generell mit anderen Radfahrenden umgehen sollen, die Mist bauen?

Die Sache ist nämlich die: Der Boulevard betreibt – angefeuert von konservativer und rechter Politik – ohnehin eine Hetzkampagne gegen Menschen, die auf zwei Rädern unterwegs sind: Wer einmal bei Rot radelt, ist zumindest ein Rambo, wer sich nicht gleich in die parkenden Autos stürzt, wenn ein Mensch in einer motorisierten Maschine just in diesem Moment überholen will, ist zumindest ein Rowdie. Und wer von einem Hund in den Unterschenkel gebissen wird, ist zumindest ein Tierquäler.

Vor dem Hintergrund dieses Narrativs ist Solidarität unter Radfahrenden unbedingt geboten. Nur: Soll man deshalb jeden Trottel oder Rabauken automatisch in Schutz nehmen? Letztens wurde ich tatsächlich von einem anderen Radfahrer, der mich auf dem Donaukanal-Treppelweg überholte, angerempelt. Der Mann preschte, ohne sich zu entschuldigen, weiter.

Am Ringradweg Höhe Schwarzenbergplatz begegnete mir vor zwei Wochen ein E-Bike-Fahrer mit gefühlten 60 km/h (ohne dabei zu treten). Vielleicht haben unsere Leserinnen und Leser einen Tipp, wie man mit den schwarzen Schafen umgehen soll. Wie man Kritik üben kann, ohne die kleinformatige Anti-Fahrrad-Propaganda zu bestärken.

Was eingangs geschildertes Erlebnis betrifft: Ich spielte alle Varianten durch: Seitenschneider holen und das Schloss abzwicken, die Polizei rufen, mein Fahrrad einfach hängen lassen und beleidigt nach Hause trotten. Die Lösung materialisierte sich letztlich in Form zweier Radreisender aus Passau: Er hatte zum Glück ein Mini-Werkzeug dabei, mit dem ich meinen Bremszug freilegen konnte. (Das Schwammerl hatte nur meinen Bremszug „eingesperrt“, aber nicht den Rahmen.)

So gelang es mir, das Rad zu befreien. Wer weiß, vielleicht stünde ich zur Stunde immer noch dort und wartete auf den Übeltäter. Es sei ihm – der Vorfall ereignete sich am Samstag, dem 18. August – aber ins Stammbuch geschrieben: Pass bitte besser auf. Es genügt doch, dass wir uns mit den Autofahrenden ärgern müssen. Machen wir Radfahrende einander nicht zusätzlich das Leben schwer.

Mahalo!