Eltern erzählen, wie sie ihren Kindern das Radfahren beibringen. Oder es gerade versuchen

Helm auf und rauf aufs Rad. So schnell kann ich gar nicht schauen, flitzt sie auch schon dahin und ich flitze hinterher. Hannah ist gerade fünf Jahre geworden und rollt bereits ihr halbes Leben flott durch die Gegend. Zunächst auf dem Laufrad und dann auf ihrem ersten Kinderfahrrad. Beide haben wir gebraucht von Omas Nachbarn übernommen.

Innerhalb von fünf Jahren kann man schon viel erleben. Die erste richtige Brezn reißen zum Beispiel, samt blauer Flecken als Erinnerung. Oder die vielen fröhlichen Erwachsenen, die einem während einer Ausfahrt ständig zuwinken. Schon verblüffend, wie sehr ein radelndes Kind sogar die grum- meligsten Autofahrenden besänftigen kann. Da gehen alle vom Gas und halten schön brav Abstand. Ganz am Beginn stand–wie so oft, wenn man sich als Papa bei der Erziehung seines Kin- des nicht ganz sicher ist, das Internet. Ich hab einfach nach Tipps zum Erlernen des Radfahrens gesucht und sie dann in der Praxis getestet.

Das Laufrad funktionierte von Anfang an ausgezeichnet. Beim ersten richtigen Fahrrad stießen wir bei unserer Hannah allerdings auf ein kleineres Problem. Wir waren ein bisschen zu voreilig und haben ihr bereits zum dritten Geburtstag den roten Flitzer geschenkt. Das Rad war für unsere Kleine jedoch etwas zu groß und vor allem zu schwer. Gegen den Ratschlag der meisten Expertinnen und Experten montierten wir zähneknirschend doch Stützräder. Da konnten wir als Eltern nicht mehr viel machen. Die Vorfreude aufs Radfahren war geweckt. Wenn wir uns da quergelegt hätten, hätten wir keine ruhige Minute mehr gehabt. Dazwischen ließen wir sie sicherheitshalber trotzdem immer wieder mit dem Laufrad rumkurven. An einem schönen Sonntagvormittag Mitte März ging es dann wirklich los. Es war eine autoar- me 30 km/h-Straße mitten im Wohngebiet bei uns in Wiener Neustadt, und Mama und Papa waren dabei.

Die härteste Nuss beim Radfahren-Lernen galt es gleich beim Start zu knacken: das Wegfahren. Hier hat es sich für uns bewährt, dass ich Hannah nicht geschoben habe, sondern ihr immer wieder einen Schubs gab. Gerade soviel, dass das Fahrrad losrollt. Festhal- ten bringt da gar nichts. Hab ich ja auch gar nicht dürfen.

Da war Hannah viel zu streng mit mir. „Papa ich kann das schon. Lass los“, war ihr Lieblingsspruch. Vor Freude hat sie dann immer wieder aufs Hineintre- ten vergessen. Also hab ich mich statt aufs Festhalten aufs Einsagen verlegt: „Rechts bleiben. Nach vorne schauen. Tritt rein. Fahr nicht so schnell. Hannah, bitte bremsen.“

Bremsen ist übrigens auch leichter gesagt als getan. Hannah ist regelmäßig vom fahrenden Rad abgesprungen. Die Rücktrittbremse ist bis heute nicht  ihr Ding. Mit der Vorderbremse hat sie sich schon angefreundet. Einen ganz interessanten Tipp hat mir Google auch mitgegeben: „Damit Sie Ihr Kind nicht ablenken, sollten Sie rückwärts vor dem Rad laufen.“ Eltern, die das schaffen, bewundere ich. Ich glaub aber eher, dass das etwas für Profis im Rückwärtslaufen ist. Ich jedenfalls bin immer hinterhergelaufen und muss- te dafür schon schnell auf den Beinen sein. Bei uns hat das Radfahren-Lernen übrigens zweimal eine Stunde jeweils an einem Sonntagvormittag gedauert. Seither flitzt Hannah ganz ohne Papas Schubser dahin. Den – mittlerweile radfahrenden – Einsager spiele ich aber immer noch.

Work in Progress

Unserem Sohn Linus(4) fiel der Start beim Radfahren äußerst leicht: Als er das erste Mal mit einem „echten“ Kinderrad konfrontiert war, hatte er schon zwei Jahre Erfahrung mit einem Benny-Bike und einem Laufrad vorzuweisen. Die Scheu vor den Pedalen hatte er mit Hilfe eines Dreirads bei seiner Oma ebenfalls schon überwunden. Als dann das Kinderrad da war, fuhr er – ohne Stützräder – eigentlich gleich los. Trotzdem stehen wir nach dem Diebstahl seines kleinen Rades und einer Winterpause vor der Herausforderung, ihn an ein neues, größeres Rad gewöhnen zu müssen. Das ist noch „Work in Progress“.

Nina & Michael

Wie ein Motocross-Fahrer …

Unser Sohn Jannik(4) hat mit zwei Jahren ein Laufrad bekommen. Seitdem ist er begeistert damit unterwegs und in seiner Fantasie – darf man das in einem Fahrrad-Magazin überhaupt schreiben? – ist er meistens ein Moto- cross Fahrer. Das Laufrad-Fahren hat ihm zu einem sehr sicheren Gefühl für Balance und Lenkung verholfen. Jedoch auch leider mit dem Nachteil, dass der Umstieg aufs Fahrrad letzten Sommer nicht geklappt hat. Derzeit gefällt er sich in einer „Ich schaffe alles ganz locker“-Attitüde. Wenn es dann nicht gleich funktioniert, wirft er schnell das Handtuch. In die Pedale zu treten, hat er bisher jedes Mal nach kurzem Probieren und unter großem Protest aufgegeben. Wir werden jedoch dieses Frühjahr neu durchstarten!Annika & Markus

Update: Nachdem obiger Artikel bereits geschrieben war, fanden sich Annika, Markus und Jannik Sonntag vor zwei Wochen zum Foto-Shooting für das Cover dieser DRAHTESEL-Ausgabe ein. Die Präsenz unseres – kindererfahrenen – Fotografen ließ Jannik über sich selbst hinauswachsen. Je öfter er, geschubst von seinem Vater, in Richtung Kamera radelte, desto besser ging es dahin. Heute kann man daher sagen: Österreich hat ein radelndes Cover-Kind mehr …