Neuer, Grüner Präsident: was nun?
VdB als gutes Omen für die Mobilitätswende?
LEITARTIKEL: Matthias Bernold
Zwei bewegende Ereignisse überlagerten die jüngste Drahtesel-Produktion. Die sechste Staffel HBO-TV-Serie „Game of Thrones“, deren fünfte und so mysteriöse Folge vermutlich von mehr als zwanzig Millionen Zuschauenden auf der ganzen Welt gesehen wurde. Und – wahrscheinlich noch aufwühlender – die Wahl zum 9. Bundespräsidenten der Zweiten Republik.
Dass diese Wahl nach wildem Auf und Ab Österreich das erste Staatsoberhaupt mit Grünen Wurzeln bescherte, ist eine politische Sensation. Und Anlass zur Hoffnung für alle, die sich eine umwelt- und lebensfreundliche Mobilität wünschen.
Vielfach wurde geschrieben, dass dieses Land ein zweigeteiltes sei. Die Menschen – so scheint es – leben in Realitäten, die oft wenig miteinander zu tun haben. Männer sehen die Welt häufig anders als Frauen. Stadtmenschen anders als Landbewohnende. Bildungslevel, Chancen und Sozialisierung bestimmen die Haltung zu Fremdem, Neuen und Veränderung. Eine Trennlinie, die oft quer durch politische Parteien verläuft, ist die hoch emotionalisierte Frage der Mobilität und der Einstellung zum Automobil.
Eine Frage der Ideologie ist es übrigens längst keine mehr. Wer über die Grenzen dieses Landes blickt, um das Geschehen in Großstädten wie London, Paris, München, Berlin, Barcelona oder New York City zu betrachten, wird erkennen, dass Verkehrsberuhigung und Demontage der automobilen Vorherrschaft heute von Politikerinnen und Politikern jeder Coleur betrieben werden. Der Umbau der Straßen von lebensbedrohlichen Transitstrecken in Lebensräume wird nicht mehr von einer Handvoll idealistischer Umwelt-Fundis herbeigeträumt. Er ist zum Common Sense geworden.
Diesen Common Sense zu verdeutlichen und auch jenen zu erklären, die sich einen Umstieg auf alternative Transportformen (noch) nicht vorstellen können – darin sollte ein weltoffener und besonnener Präsident eine seiner Aufgaben sehen.
Dem Staatsoberhaupt einen Wunsch mit auf den Weg zu geben, ist das eine. Selbst einen Beitrag für den gesellschaftlichen Wandel zu leisten, das andere.
„Essen ist ein politischer Akt“, hat einmal der US-amerikanische Journalist und Autor Michael Pollan gesagt und damit ausgedrückt, dass wir mit unserem tagtäglichen Verhalten unsere Gesellschaft gestalten. Das trifft auf das Radfahren ebenso zu wie auf unser Konsumverhalten. Und es betrifft die Wirtschaft. Schaffen doch auch die Produkte Möglichkeiten, die Gesellschaft in die eine oder andere Richtung zu formen.
In unserer Cover-Geschichte „Made in Austria“ stellen wir die Unternehmerinnen und Unternehmer der heimischen Fahrrad-Branche vor. Wir zeigen Traditionsbetriebe und Start-ups, die sich aktiv für den Mobilitätswandel einsetzen oder einfach nur Freude am Radfahren verbreiten. Denn eines ist klar: Wenn es Spaß macht, geht alles leicht.
Hodor –