Leo Hillinger ist Großwinzer und TV-Promi, in der Start-Up-Show „2 Minuten 2 Millionen“ auf Puls 4 tritt er als Investor auf. Daneben ist der 53-jährige Burgenländer passionierter Radfahrer. Dem DRAHTESEL erzählt er, wie man berufliche Meetings auf dem Rad abhalten kann und was Österreich noch zum Fahrradland fehlt.

Interview: Klaus Brixler und Magdalena Jöchler, Foto: Sportfotograf GmbH.


Du hast dieses Jahr laut der Tracking-App Strava schon über 12.000 Kilometer am Rad gemacht. Woher nimmst du bitte die Zeit?
Leo Hillinger Ich fange um 4.30 Uhr an zu arbeiten und höre um 22 Uhr auf. Zwischendurch setze ich mich auf das Rad. Ich verbinde den Sport auch oft mit meinem Job – zu Meetings etwa fahre ich mit dem Rad. Ein bisschen Achselschweiß müssen die anderen Teilnehmenden in Kauf nehmen. Viele Meetings mache ich gleich am Rad.

Wie geht das?
Ganz normal: ein Gespräch. Nur dass wir dabei alle auf dem Rad sitzen.

„Ein bisschen Achselschweiß müssen die anderen Teilnehmenden in Kauf nehmen.“

 

Wie macht man sich am Rad Notizen?
Wir schreiben nicht mit. Die Anderen müssen einen Fragenkatalog mitbringen, den schreiben sie sich in ein paar Stichworten auf den Handrücken – dann können wir alles besprechen. Das geht ganz gut.

Du hast an deinem 42. Geburtstag, also relativ spät, deine erste Rennradausfahrt gemacht. Seitdem betreibst du den Sport mit einem profiverdächtigen Ehrgeiz. Wie kommt’s?
Ich betreibe alles mit Ehrgeiz. Fliegen, Fallschirmspringen, Kitesurfen, Reiten, Tontaubenschießen: Egal was es ist, ich mache immer alles extrem. Zum Radfahren hat mich ein Freund gebracht, der Armin Assinger (der TVModerator und ehemalige Skirennläufer. Anm.). Eigentlich hat er es mir am Anfang richtig vermiest. Er hat eine Ausfahrt auf das Nassfeld für mich geplant. Dass die Runde 125 Kilometer lang ist und 3.500 Höhenmeter hat, hat er mir nicht gesagt. Nach 50 Kilometern habe ich ihn überholt und mir gedacht, es kann jetzt nicht mehr lange dauern. Der Armin hat mich ausgelacht und mir gesagt, wo es wirklich hingeht. Oben angekommen habe ich mich übergeben.

Und jetzt fährst du Armin Assinger davon?
Jahrelang bin ich hinter ihm hergefahren. Das ist, wie wenn du einem Autobus hinterherfährst: Ein breiter Hintern, an dem du einfach nicht vorbeikommst. Der Armin ist auch so ein „Dicker“ wie ich – 1,92 Meter groß, 107 Kilo schwer. Das ist übrigens – neben dem Armin – der zweite Grund, weshalb ich mit dem Radfahren angefangen haben.

„Zwei, drei Stunden am Mountainbike, dann eine Pause auf einem Weingut unter alten Eichen – was gibt es Schöneres?“

 

Dein Gewicht?
Ja. Wer gerne viel isst und trinkt, muss auch viel radfahren. Ich fahre regelmäßig die 120 Kilometer um den Neusiedlersee. Nach 100 Kilometern mache ich bei meinem Lieblingsheurigen in Purbach Halt. Dort gibt’s dann ein Schmalzbrot, Bratlfettn, Zwiebelbrot, Blunzen und drei Flaschen Wein (lacht). Aber: drei Tage pro Woche trinke ich nichts!

In Südafrika gibt es weder Blunzn noch Bratlfettn, aber dir scheint es dort trotzdem gut zu gefallen, du verbringst viel Zeit dort.
Südafrika ist meine zweite Heimat. Ich habe dort gelebt und gearbeitet, meine erste Hochzeitsreise habe ich dort verbracht. Die Ehe war nach einem halben Jahr wieder geschieden, danach habe ich das Land länger gemieden, bin aber später zum Kitesurfen und wegen dem Wein wiedergekommen. Durch das Radlfahren habe ich mich ein zweites Mal in dieses Land verliebt. Das ist dort unten das neue Golf-Spielen.

So versnobt?
So beliebt bei Urlaubenden. So wie es Golfreisen nach Südafrika gibt, gibt es mittlerweile auch Radreisen. Du fährst mit dem Mountainbike zwei, drei Stunden auf durchgängigen Single Trails und legst danach auf einem Weingut unter alten Eichenbäumen eine Pause mit dem besten Essen und Trinken ein – was gibt es Schöneres? An dieser Verbindung von Kulinarik und Radfahren müssen wir in Österreich noch arbeiten.

Hat der Winzer Leo Hillinger da schon konkrete Pläne?
Ich versuche im Leithagebirge sanften Tourismus auf die Beine zu stellen. Die Radwege dort sind ein Wahnsinn. Es ist nur mit den Eigentümern ein bisschen schwierig: die Bauern sind sich untereinander nicht einig, was sie wollen. Ich würde gerne Chalets mit Abstellplätzen für das Rad bauen, geführte Touren anbieten, dazu Spinning Rooms, wo man auch bei schlechtem Wetter trainieren kann. Mein Traum wäre es, aus dem Burgenland das Mallorca Österreichs zu machen – nicht was das Saufen betrifft natürlich, sondern das Rennradfahren.

„Die Radwege im Burgenland sind sehr gut – nur werden sie teilweise von Autofahrenden verwendet, die dort nichts verloren haben.“

 

Die Österreich Werbung versucht mit dem Slogan „If you like it, bike it“ Radtouristinnen und -touristen ins Land zu holen. Ist Österreich tatsächlich ein Fahrradland?
Es könnte eines werden, wenn man die Voraussetzungen dafür schafft.

Du hättest die richtigen Kontakte in Wirtschaft und Politik, um da etwas zu bewegen.
Ich versuche es.

Hast du das Gefühl, dass die Entscheidungsträger die Wichtigkeit des Radfahrens verstanden haben und sich ausreichend für Radfahrende einsetzen?
Bei uns im Burgenland auf jeden Fall. Gepaart mit Wein und Kulinarik ist Radfahren hier einer der wichtigsten ökonomischen Faktoren. Die Radwege sind hier sehr gut, am Wochenende sind sie voll. Es ist so schön, das zu beobachten! Nur werden sie teilweise von Autofahrenden verwendet, die dort nichts verloren haben – die Polizei müsste da viel härter durchgreifen.

Fährst du lieber auf dem Radweg oder auf der Straße?
Eher am Radweg. Nur am Wochenende, wenn die Radwege um den Neusiedlersee voll sind, nicht. Wenn ich dort mit meiner Partie mit Tempo-40 oder -45 daherkomme, gefährde ich andere.

„Ich halte das E-Bike für eine der besten Erfindungen der letzten Jahrzehnte.“

 

Ein E-Bike-Fahrer bist du sicher nicht, oder?
Doch! Es gibt Leute, die sagen, „Geh bitte, du bist noch nicht im Alter für ein E-Bike“. Warum nicht? Mit dem E-Bike kann ich im Anzug zu einem Termin fahren. Auch um Grundlagenausdauer zu trainieren oder im Gelände ist ein E-Bike sensationell. Damit kann ich stundenlang durch die Gegend fahren, ohne müde zu werden. Ich halte das EBike für eine der besten Erfindungen der letzten Jahrzehnte.

Wie viele Räder hast du eigentlich?
Das ist eine schwierige Frage. Ich sage immer: „Wenn du keine Geliebte hast, kannst du dir Räder leisten.“ Allein in meinem Haus in Südafrika habe ich vier Rennräder, zwei E-Bikes und vier Mountainbikes. Hier im Burgenland habe ich nur ein Mountainbike und ein Rennrad – aber bald kommen zwei neue dazu: das neue Tarmac und das neue Epic.

Was ist wertvoller: dein Auto – oder dein Radfuhrpark?
In Sachen Auto gibt es nicht viel Wert. Natürlich kostet eines meiner Autos mehr als alle Räder zusammen, aber die Autos bekomme ich von Sponsoren zur Verfügung gestellt. Und ich erledige alles mit dem Rad, ich fahre selten Auto.

 

Das ist die gekürzte und bearbeitete Fassung eines Interviews für den Fahrrad-Podcast „Reich durch Radeln“.

Leo Hillinger stieg 1990 in den überschuldeten Weinhandel seines Vaters in Jois ein, kaufte 1997 seine ersten Weingärten; heute gehören 90 Hektar Land sowie Shops und Bars zu seinem Imperium.

 

Weiterführende Links

> Reich durch Radeln – der Fahrrad-Podcast
> Leo Hillinger

 


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