Unser Reisereporter Mario Sedlak besucht die Region am Lago Maggiore: ein noch wenig bekanntes Paradies für Radfahrer.

In der italienischsprachigen Schweiz gibt es nicht nur einen großen See, der für mildes, südländisches Klima sorgt, sondern auch an die 50 ausgeschilderte Routen für Radfahrende jeden Könnens. Eine davon führt von Locarno am Lago Maggiore 34 Kilometer das schöne Maggiatal hinauf. Palmen in den Gärten und mitunter sogar wild wachsend sorgen für mediterranes Flair. Langsam und meist kaum spürbar geht es 300 Höhenmeter hinauf bis zum Ziel in Cavergno. Die Route ist gut beschildert. Sie verläuft überwiegend auf ruhigen Wegen durch Wälder, vorbei an hohen Wasserfällen und mitten durch viele kleine Dörfer mit den dort typischen Häusern aus Stein. Es wirkt fast wie ein Freiluft-Museum. In gemütlichem Fotosafari-Tempo war ich dreieinhalb Stunden unterwegs.

Zur Einkehr bietet sich ein sogenanntes Grotto an – ein traditionelles Restaurant, vergleichbar mit einem Heurigen bei uns, aber mit Steintischen. Granit- oder Felsblöcke sind im Maggiatal überall anzutreffen. In manchen Gärten sogar als Rankhilfen für Pflanzen anstatt eines Stabes aus Holz.

Zwischen Someo und Cevio (5,6 Kilometer) klafft auf der Maggiatal-Radroute noch eine Lücke, die bis 2020 geschlossen werden soll. Einstweilen muss dort auf der Hauptstraße im Mischverkehr gefahren werden. Immerhin hält sich der Verkehr in Grenzen, weil das Maggiatal keine Transitstrecke ist.

Radeln auf alten Eisenbahntrassen

Die Maggiatal-Route ist deswegen so komfortabel, weil sie teilweise auf einer ehemaligen Eisenbahntrasse angelegt wurde. Der letzte Zug ist dort 1968 gefahren. Nach langen Vorbereitungen wurde von 2007 bis 2016 der jetzige Teil der Radroute gebaut. Die Kosten betrugen 10,5 Millionen Franken (ca. 9 Millionen Euro). Im Jahr 2014 wurden fast 100.000 Radfahrende auf der Route gezählt.

Der Schweizer Radfahrenden-Verband Pro Velo hat die Maggiatal-Route als „wegweisendes Infrastrukturprojekt“ ausgezeichnet. „Die Verbindung dient vor allem touristischen Zwecken, aber in mehreren Abschnitten auch dem Alltagsverkehr, namentlich als Schulweg“, erklärt die Interessensvertretung und hebt hervor: „Die für ein solches Projekt nötige Ausdauer, Fachkenntnis und politische Überzeugungsarbeit verdient besondere Anerkennung.“ Zuvor gab es in dem Tal eher wenig Radverkehr.

Quellseen der Maggia

Die Maggiatal-Radroute ist Teil der Schweizer Radroute Nr. 31, die in Bellinzona beginnt. Von dort bis Locarno sind es 22 Kilometer und rund 100 Höhenmeter bergab. Der Abschnitt auf der Uferpromenade beim Lago Maggiore ist auch für kleine Kinder geeignet. Für Rennradfahrende gibt es dort eine eigene Variante auf parallelen Straßen.

Wer lieber höher hinaus will, kann bis zu den Quellseen der Maggia auf 1.461 bis 2.310 Meter Seehöhe radeln – allerdings ohne Radwege und mit anstrengenden Steigungen. Hierfür und für die meisten anderen Routen in der Region ist ein Mountainbike empfehlenswert.

(Offenlegung: Die Reise erfolgte auf Einladung des Bikehotels Belvedere, das für Kost und Logis des Drahtesel-Reporters aufkam.)

Infobox

Streckenbeschaffenheit:
von Locarno nach Cavergno:
Asphalt: 31 km
Naturbelag: 3 km
von Bellinzona nach Locarno:
Asphalt: 21 km
Naturbelag: 1 km

Öffis:
Bei einer Übernachtung im Tessin ist das Ticino-Ticket inkludiert, welches zu freier Fahrt in allen Bussen und Bahnen des Kantons berechtigt (ausgenommen Bergbahnen). Fahrradmitnahme ist (gegen Aufpreis) in den meisten Bussen möglich, jedoch ist eine Reservierung empfehlenswert, teilweise auch verpflichtend.

Die Anreise aus Österreich ist mit der Sparschiene möglich. In der Schweiz muss zweimal umgestiegen werden.

Unterkünfte:
Hotel Belvedere Locarno Das 4-Stern-Superior-Bikehotel Belvedere in Locarno bietet Leihräder (auch mit Elektromotor), Fahrrad-Abstellraum, Reinigungsplatz, Werkzeug für Reparaturen, Unterlagen und Beratung über Radtouren und Leih-Rucksäcke. Weiters gibt es Lunchpakete sowie – für die Entspannung nach der Tour – eine spezielle „Biker-Massage“.

Alle zertifizierten Bikehotels im Tessin:
www.ticino.ch/de/commons/details/Swiss-Bike-Hotels-in-Ticino/96052.html

Karten und Beschreibungen der Radrouten:
www.schweizmobil.ch/de/veloland.html
www.ascona-locarno.com/de/Cosa-fare/Bike.html

Fotos: Mario Sedlak, Catharina Berni