Fahrrad-Registrierung: Schutz vor Dieben oder Placebo?
Was die Fahrrad-Registrierung wirklich bringt
RECHERCHE: Mario Sedlak
ILLUSTRATIONEN: Anna Hazod
In den Fahrrad-Online-Foren vergeht kein Tag ohne den Beitrag eines verärgerten Menschen: Schon wieder ist ein Fahrrad weg. Gestohlen aus dem Kellerabteil, abgeschnitten vom Laternenmast oder vom Fahrradständer bei der Uni. Manchmal bleibt eine abgezwickte Kette als stummer Zeuge zurück. 26.652 Fahrrad-Diebstähle verzeichnete die österreichische Kriminalstatistik für das Jahr 2013. Die Vehikel sind meistens auf Dauer verloren. Und viele Radfahrende fragen sich, wie kann man sich vor dem Zugriff der Diebinnen und Diebe schützen? Wie ihnen das Handwerk legen?
Ein öffentliches Verzeichnis
Neben hochwertigem Schloss, Diebstahlversicherung und Positionierung des Gefährts am besten dicht neben dem eigenen Bett, ist die Fahrrad-Registrierung eine immer wieder genannte Option: Rahmennummer, Radtyp sowie Name und Kontaktdaten des Eigentümers werden in eine Datenbank eingetragen. Im Idealfall wird auch ein entsprechender Code am Fahrradrahmen aufgebracht. Die Maßnahme wirkt der Tatsache entgegen, dass viele sichergestellte oder gefundene Fahrräder trotz Rahmennummer niemandem zugeordnet werden können. Vernünftigerweise hat die Polizei daher bis 2012 auf Wunsch Name und Adresse des Eigentümers bzw. der Eigentümerin in verschlüsselter Form in den Rahmen graviert. Diese Maßnahme bewährte sich durchaus, wie das Beispiel Wels zeigt: In der oberösterreichischen Stadt wurden in den Jahren nach Einführung der Fahrradcodierung knapp 30 Prozent weniger Räder gestohlen. Nur leider hat die Polizei vor drei Jahren das Codieren von Fahrrädern überraschend eingestellt. Offiziell, weil moderne Räder mit dünnen Rahmen nicht graviert werden können – in Wirklichkeit aber wohl, weil die Behörde Kosten sparen wollte. Als Alternative dazu präsentiert sich eine Reihe privater Anbieter: allein im deutschen Sprachraum mehr als fünfzehn. In Österreich gibt es drei. Am bekanntesten ist Fase24. Das Unternehmen hält laut eigenen Angaben bereits mehr als 36.000 Fahrräder in seiner Datenbank. Die Registrierung kostet einmalig 8 Euro pro Rad (in den Shops bzw. Büros der Radlobby nur 6 Euro für Mitglieder). Seit einem dreiviertel Jahr bietet auch die Non-Profit-Initiative Rahmennummer. at kostenlose Registrierungen an. Derzeit sind bei der Plattform, die von Daniel Folian gemeinsam mit seiner Freundin Katharina Steiner aus Wien betrieben wird, mehr als 500 Fahrräder gemeldet. Das Ziel der Aktivisten ist ein öffentliches Verzeichnis, wo jeder nachschaut, bevor er ein gebrauchtes Rad kauft.
Woran es hapert
In der Datenbank von Rahmennummer. at gibt es klugerweise den Status „Verkauf nicht beabsichtigt“. Eine Unterscheidung nur zwischen „gestohlen“ und „nicht gestohlen“ wäre weniger hilfreich: Wie Schweizer Journalisten herausgefunden haben, landen entwendete Vehikel manchmal schon fünf Minuten nach dem Diebstahl in einem Second-Hand-Shop. Die Reporter der Schweizer Sonntagszeitung hatten ein Fahrrad mit einem versteckten GPSSender ausgestattet und ungesichert auf der Straße abgestellt. Es war binnen Stunden weg. Mit den Datenbanken der Betreiber hätten theoretisch auch die Polizei und die Fundbüros ein praktisches Instrument in der Hand, um herauszufinden, wem ein Fahrrad wirklich gehört. Allein – die Praxis sieht anders aus. Nicht alle Behörden machen nämlich von den Daten Gebrauch. „Derzeit nutzen drei Bundesländer und eine Landeshauptstadt den von ihnen angeforderten und von uns freigeschaltenen Zentralzugang“, erklärt Fase24-Chef Horst Reiter. Bundeskriminalamt und das Wiener Fundamt teilten auf Anfrage des DRAHTESEL mit: Beamte dürften „aus datenschutzrechtlichen Gründen“ keine Rahmennummer in einer privaten Datenbank suchen. Die Polizei darf keinerlei Daten weitergeben, und das würde sie ihrer Ansicht nach tun, wenn sie die Rahmennummer eines verdächtigen Fahrrads in ein Suchformular eingibt.
Viele Fahrraddiebe entkommen
Nur wenn sich auf einem verdächtigen Fahrrad ein Hinweis (z. B. ein Aufkleber) auf eine Registrierung findet, gehen Polizeibeamte dem nach. Es gibt bereits einige glückliche Besitzer, die auf diese Weise ihr entwendetes Rad zurückbekommen haben. Selbst wenn diese den Diebstahl noch gar nicht bemerkt haben, kann die Polizei bereits aktiv werden. Das ist der größte Vorteil der Registrierung. Nach der Anzeige hat die Polizei ohnehin die Rahmennummer des Fahrrades (falls der Bestohlene sie weiß) in ihrer internationalen Fahndungsdatenbank. Das kann aber unter Umständen zu spät sein. „Die Täter fahren oftmals mit einem Kastenwagen vor und schlagen bei geeigneten Objekten zu, um sie sofort ins Ausland zu schaffen“, erklärt Paul Eidenberger von der Wiener Polizei. Nach Erkenntnissen der steirischen Polizei beschaffen Profidiebe gezielt Räder, die in Ungarn bestellt worden sind. Wenn bei einer Kontrolle Räder unklarer Herkunft gefunden werden, muss die Exekutive binnen kurzer Zeit einen Diebstahl nachweisen. Gelingt dies nicht, etwa weil zu diesem Zeitpunkt noch keine Diebstahls-Anzeige erfolgt ist, muss die Behörde die Verdächtigen samt mutmaßlicher Beute unbehelligt weiterfahren lassen.
Empfehlungen der Radlobby
Die Registrierung – so wie sie derzeit gehandhabt wird – vermag nicht, potenzielle Diebe abzuschrecken. Solange die Polizei nicht enger mit den Datenbank- Betreibern zusammenarbeitet, ist der Nutzen leider recht gering. Die Vereine der Radlobby Österreich raten jedenfalls dazu, einen Diebstahl so rasch wie möglich zur Anzeige zu bringen. Damit die Ermittlungen der Kriminalisten eine Erfolgschance haben, muss die Rahmennummer bekannt gegeben werden. Die Registrierung kann helfen, diese wichtige Nummer im Ernstfall schnell parat zu haben. Eine Registrierung bei Fase24 dient auch als Besitznachweis und ersetzt damit einen eventuell nicht mehr auffindbaren Kaufbeleg.